Eine Birke wie jede andere?

Die Moorbirke, botanisch Moor-Birke, ist eine ausgesprochene Pionierbaumart. Sie kann Lebensräume besiedeln, die für andere Baumarten nicht oder noch nicht geeignet sind. Aus diesem Grund bildet die Art eine hohe Anzahl von Samen aus, die über den Wind verbreitet werden und auf diese Weise die Verbreitung der Art fördern. Vor allem Kahlschläge, Lichtungen und Brandflächen können dadurch schnell besiedelt werden. Letzteres trifft auf viele andere Pionierpflanzen ebenfalls zu, aber passend zu ihrem deutschen Namen lässt sich Betula pubescens, so ihr wissenschaftlicher Name, vor allem an eher nassen Standorten, insbesondere in Mooren finden. Hier kann sie auch langfristig existieren und das ist ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal zu anderen Baumarten Mitteleuropas.

Der Lebensraum der Moor-Birke

Eine Schwäche des Jahresbaums 2023 ist jedoch ihr hoher Lichtbedarf. Dies macht sie eher konkurrenzschwach und sobald sie mit anderen Baumarten um denselben Standort im Wettbewerb steht, hat die Moor-Birke gewöhnlich das Nachsehen. Selbst der eigene Nachwuchs ist auf viel Licht angewiesen, was diesen Baum von diversen anderen Baumarten unterscheidet, die im Jugendalter durchaus schattentolerant sind. Der Baum des Jahres 2022, die Rot-Buche, wäre hierfür ein Beispiel.

Außerhalb von Moorgebieten oder auch Schotter- und Sandbänken in Flüssen existiert der Jahresbaum 2023 normalerweise nur als Pionierbaumart, die schnell von anderen Baumarten verdrängt wird. Ausnahmen stellen kalt-feuchte Standorte wie beispielsweise Felsblockhalden in den Mittelgebirgen oder den Alpen dar, die kein geeigneter Lebensraum für andere Bäume sind. An höhergelegenen Standorten kann die Moor-Birke auch strauchförmig wachsen.

Das Wurzelsystem dieser Art ist eher flach, es reicht nur selten tiefer als 40 cm in den Boden. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass die Moorbirke an feuchten Standorten zurechtkommen muss. Trotzdem ist die Art darauf angewiesen, dass der Grundwasserspiegel nicht dauerhaft über den Wurzelhorizont reicht, da der Baum dann absterben kann. Gleiches gilt, wenn die Wurzeln dauerhaft kein Wasser erreichen, weil der Grundwasserspiegel zu tief liegt. Die Moorbirke ist in dieser Hinsicht leider nur wenig anpassungsfähig, daher reagiert sie außerhalb von Moorgebieten bei anhaltender Trockenheit im Sommer recht schnell mit dem Abwurf der Blätter.

Vor diesem Hintergrund erscheint es nachvollziehbar, dass die Art durch Trockenlegen von Moorflächen sehr stark zurückgedrängt wurde. Umgekehrt profitiert diese Birkenart auch vom vielerorts praktizierten Wiedervernässen von zuvor trockengelegten Sumpf- und Moorgebieten. Diese Maßnahme hilft auch anderen Arten und könnte zukünftig große Mengen CO2 binden.

Das geographische Verbreitungsgebiet der Art reicht über weite Teile des Globus und schließt auch Kaltzonen ein. Moorbirken kommen in Süd-Grönland, Island, Nordeuropa und Ostsibirien ebenso vor wie südlich der kälteren Regionen der Welt. Die hohe Toleranz gegenüber Kälte lässt den Baum in borealen Wäldern zur prägenden Art werden. Das Verbreitungsgebiet teilt sich die Moorbirke jedoch auch mit einer nahen Verwandten, die deutlich häufiger anzutreffen ist.

Merkmale und Unterschiede zur Hängebirke

Der diesjährige Jahresbaum ähnelt äußerlich ihrer nahen Verwandten, der Sand- oder Hängebirke. Beide Arten haben die birkentypischen, hellen Stämme. Dieses Merkmal dürfte den meisten Menschen noch bekannt sein. Allerdings gibt es zwischen den beiden Arten auch feine Unterschiede. Während die Hängebirke im höheren Alter eine dunkle und grobe Borke ausbildet, ist dieses Phänomen bei der Moorbirke kaum ausgeprägt. Ihre Rinde ist nur durch wenige kleine borkige Bereiche unterbrochen.

Auch bei den Blättern der beiden Birkenarten gibt es Unterschiede. Die Moorbirke verfügt über eher rundliche Blätter mit kurzer Spitze. Sie sind auf der Unterseite mit deutlich fühlbaren Blattnerven versehen. Diese treten bei der Hängebirke nicht hervor, ein auch für Laien leicht erkennbares Unterscheidungsmerkmal. Junge Triebe der Moorbirke sind außerdem samtartig behaart und bleiben auch im weiteren Wachstum stets glatt, wohingegen die Triebe der Hängebirke sich immer rau anfühlen. Hieraus dürfte sich auch die Bezeichnung „Behaarte Birke“ für die Moorbirke ableiten, die der Jahresbaum 2023 mancherorts trägt.

Die Äste sind ein weiteres Unterscheidungsmerkmal. Sie stehen bei der Moorbirke im spitzen Winkel und relativ starr vom Stamm ab, sie hängen nicht wie bei der Hängebirke.

Mit eingebautem Frost- und Sonnenschutz

Die bei uns heimischen Birkenarten sind durch ihre mehr oder weniger weiße Rinde leicht erkennbar. Die Moorbirke ist hier keine Ausnahme. Die helle Farbe der Rinde schützt das darunterliegende Wachstumsgewebe vor Überhitzung durch zu intensives Sonnenlicht. Die weiße Färbung ist übrigens auf einen Stoff namens Betulin zurückzuführen, dessen nadelförmige Kristalle das Licht reflektieren. Derselbe Stoff macht die Rinde der Moorbirke außerdem wasserundurchlässig, weswegen Birkenrinde in manchen Regionen auch zum Abdichten von Dächern, Booten oder Schuhen benutzt wurde.

Auch mit Kälte kommt die Moorbirke bestens zurecht. Die Blätter können sogar leichte Minusgrade ertragen, der Baum selbst ist auch bei Durchschnittstemperaturen von -30 °C und weniger nicht wesentlich in seiner Vitalität eingeschränkt. Daher wundert es auch nicht, dass die Moorbirke als die nördlichste Baumart Europas gilt und entsprechend weit nach Norden vordringt. Allerdings wirft auch diese Art ihr Laub am Ende der Vegetationsperiode ab, sie ist nicht immergrün wie die meisten Nadelbäume.

Das Holz der Moorbirke

Die meisten Birkenarten, auch die Moor-Birke, galten lange Zeit unter Forstwirten als „Unkraut“. Sie wurde daher oft schnell aus dem Bestand entfernt. In letzter Zeit zeigte sich allerdings, dass diese Bäume die Bodenfruchtbarkeit positiv beeinflussen können. Außerdem entwickeln sich junge Birken vielfach auch ohne aufwendige Pflegemaßnahmen zu geraden Stämmen. Das Holz eignet sich zum Drechseln und wird auch für die Furnier- und Sperrholzproduktion gerne genutzt. Allerdings ist es nicht sehr witterungs- und fäulnisbeständig, eine Verwendung im Außenbereich ist somit für Birkenholz nicht empfehlenswert. Ein weiterer nennenswerter Punkt ist die Nutzung von Birkenholz als Brennholz. Obwohl hierfür meist das Holz der Hängebirke verwendet wird, eignet sich auch das der Moorbirke zum Heizen. Durch die wasserdichte Rinde trocknet es allerdings langsam, ein Spalten des Holzes ist daher dringend zu empfehlen.

Baum des Jahres 2023: Merkmale der Moor-Birke

Merkmal Ausprägung
Höhe über 20 m, selten bis 30 m
Höchstes Alter 80 Jahre, selten 100–130 Jahre
Blätter rundlich mit kurzer Spitze, zunächst behaart, Blattadern deutlich sicht- und fühlbar
Früchte leichte, geflügelte Samen, die vom Wind verbreitet werden
Rinde matt-weiß, keine oder nur schwache Borke am Stammfuß

Quellen


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